Call 17.01.2019 um 05:00 Uhr

Feuerwehr Feucht 1 Woche im Katastrophenschutzeinsatz in Berchtesgaden

Aufgrund massiver Schneefälle seit Beginn des Jahres am Nordrand der Alpen wurden in etlichen Landkreisen der betroffenen Gebiete Katastrophenalarm ausgelöst. Ursache hierfür war, dass die örtlichen Einsatzkräfte mit eigenen Mitteln die unzähligen Einsatz- und Gefahrenstellen nicht mehr abarbeiten konnten. Reihenweise waren Straßen aufgrund umgestürzter Bäume oder Lawinenabgängen nicht mehr befahrbar, ganze Ortschaften von der Außenwelt abgeschnitten und unzählige Dächer drohten unter den Schneelasten einzubrechen.

Durch die Auslösung des Katastrophenalarms war es möglich, unbürokratisch überregionale Hilfe von Feuerwehren, Rettungsdiensten, Technischem Hilfswerk sowie Bundeswehr und Bundespolizei anzufordern. Die bayerischen Feuerwehren halten für solche Unterstützungseinsätze in jedem Landkreis ein sog. Hilfeleistungskontingent vor. Das Kontingent des Landkreises Nürnberger Land besteht aus mindestens 23 Fahrzeugen und 127 Feuerwehreinsatzkräften, aufgeteilt auf mehrere Löschzüge, eine Versorgungs- und eine Führungskomponente. Auch die Feuerwehr Feucht ist mit dem Versorgungs-LKW und 3 Feuerwehrleuten darin eingeplant.

Am Sonntagmorgen des 13.01.2019 erfolgte durch das Landratsamt Berchtesgadener Land die Anforderung des Hilfeleistungskontingentes Nürnberger Land. Der Einsatzauftrag war das Freiräumen von einsturzgefährdeten Dächern im Berchtesgadener Ortsteil Buchenhöhe, auf ca. 1000 m. Dieser Ort war aufgrund der Schneemassen tagelang von der Außenwelt abgeschnitten. Die Zufahrtsstraßen dorthin konnten nur mit schwerem Räumgerät der Bundeswehr wieder einigermaßen befahrbar gemacht werden. Allerdings war ein Abklingen der Schneefälle in den nächsten Tagen nicht in Sicht.

Nach umfangreichen Vorplanungen durch das Landratsamt Nürnberger Land und die Kreisbrandinspektion wurden die Kommandanten der eingeplanten Feuerwehren am Sonntagnachmittag informiert und organisierten die benötigten Fahrzeuge und Mannschaften. Die Abfahrt zum Einsatzort war für Montagmorgen 03.00 Uhr vorgesehen, die Dauer auf 3 Tage angesetzt.

Auch von Feucht machten sich 3 Feuerwehrkameraden mit dem Versorgungs-LKW mitten in der Nacht auf den Weg zum Sammelpunkt nach Lauf. Nach einer kurzen Einweisung in die Lage setzte sich das Kontingent mit insgesamt 25 Fahrzeugen und 140 Feuerwehrangehörigen mit Blaulicht und Martinshorn im Konvoi in Marsch. Nach einem Zwischenstopp erreichten die Einsatzkräfte am späten Vormittag den Berchtesgadener Ortsteil Buchenhöhe. Teilweise war ein Vorankommen in dichtem Schneetreiben nur mit Schneeketten möglich. Vor Ort erwartete die Einsatzkräfte eine für Mittelfranken völlig unbekannte Einsatzlage. Die wichtigsten Straßen der 350 Einwohner umfassenden Ortschaft sowie die Zugängen zu den Häusern waren mit schweren Schneefräsen notdürftig befahrbar gemacht worden. Seitlich der Straßen türmten sich jedoch die Schneewände auf mehreren Metern Höhe. Teilweise waren ganze Häuser unter Schnee begraben. Auf den Dächern häuften sich die Schneemassen auf eine Höhe von bis zu 3 Metern.

Während die Mannschaften der Löschgruppenfahrzeuge unverzüglich damit begannen, die ersten Dächer freizuräumen, kümmerte sich die Feuchter Besatzung des Versorgungs-LKWs zusammen mit den anderen Logistikeinheiten um die Einrichtung der Schlafgelegenheiten sowie die notwendigen Besorgungsfahrten. Anschließend griffen auch sie zur Schneeschaufel.

Anders als in anderen Katastrophengebieten hatten die Einheiten aus dem Nürnberger Land das Glück einer komfortablen Unterkunft in einer Turnhalle sowie Wohngebäuden der örtlichen Einrichtung des Christlichen Jugenddorfwerk Deutschlands CJD. Diese kümmerte sich mit ihrer Kantine auch um die hervorragende Versorgung der Einsatzkräfte.

Bis Mittwochmorgen wurden etliche weitere Dächer von der Schneelast befreit, sowie weitere Zugänge zu Gebäuden gelegt. Vor allem zu Beginn der Woche erschwerte weiterhin anhaltender starker Schneefall die Arbeiten, so dass die Einsatzkräfte diese immer wieder unterbrechen mussten. Die Arbeiten auf den Dächern konnten teilweise nur gesichert durchgeführt werden. Hierzu wurde zeitraubend aber notwendig eine Seilsicherung über die Dächer gespannt, an der sich die Einsatzkräfte dann mit weiteren Leinen selbst sicherten. Wo dies nicht möglich war wurde versucht, von den Rettungskörben mehrerer Drehleitern aus die Dächer so gut wie möglich zu entlasten.

Neben den Einsatzkräften aus dem Nürnberger Land waren auch umfangreiche Einheiten der Gebirgsjäger der Bundeswehr, der Bundespolizei sowie des Technischen Hilfswerkes vor Ort. Die Zusammenarbeit aller Organisationen unter einer einheitlichen Führung lief reibungslos und einwandfrei. Bereits zu diesem Zeitpunkt konnte man den großen Dank der Bevölkerung merken, die es sich nicht nehmen ließ, die Einsatzkräfte mit heißen Getränken und selbstgebackenem Kuchen zu versorgen.

Nachdem abzusehen war, dass aufgrund der riesigen Schneemengen eine Verlängerung der Arbeiten notwendig war, wurde für Donnerstag, den 17.01.2019 eine Ablösung der Einsatzkräfte vorbereitet. Hierzu wurden die Kommandanten der eingesetzten Wehren am Dienstagabend informiert und um die Organisation von Fahrzeugen und Feuerwehrleuten für 4 weitere Tage gebeten. Aus Feucht wurden diesmal zusätzlich zum Versorgungs-LKW die Drehleiter und ein Löschgruppenfahrzeug angefordert. Nach kurzer Vorbereitung standen insgesamt 15 Feuerwehrfrauen und -männer zur Verfügung, die sich am frühen Donnerstagmorgen um 6 Uhr gemeinsam mit 138 weiteren Einsatzkräften und 26 Fahrzeugen der Feuerwehren des Nürnberger Lands auf den Weg nach Berchtesgaden machten. Die Mannschaften des ersten Abmarsches waren am Mittwochabend gegen Mitternacht nach den langen und schweren Tagen erschöpft, aber gesund und ohne Unfälle zurückgekehrt.

Nach Ankunft in Buchenhöhe gegen 15.00 Uhr setzten die frischen Einsatzkräfte die begonnenen Arbeiten fort. Allerdings konnte mittlerweile nahezu jedes Dach nur noch mit zeitraubender, aber aus Gründen der Absturzgefahr unbedingt notwendiger Seilsicherung begangen werden. Die Feuchter Drehleiter unterstützte die Sicherungsmaßnahmen sowie das Freiräumen von schwer zugänglichen Stellen. Glücklicherweise kam kein neuer Schnee mehr hinzu.

Durch das weitere zügige und koordinierte Arbeiten konnten bis Freitagabend letztlich alle Dächer soweit geräumt werden, dass auch neu hinzukommende Schneemengen keine Gefahr mehr darstellen würden. Daher konnten die Einsatzkräfte bereits am Samstagmorgen zusammenpacken und gegen Mittag die Heimreise antreten. Mit Abfahrt des Kontingents wurde auch der Katastrophenfall in Berchtesgaden aufgehoben. Die Feuchter Einheiten erreichten nach langer Fahrt schließlich erschöpft von der schweren Arbeit der letzten Tage, aber ebenfalls unfallfrei am Samstagabend gegen 19.00 Uhr wieder ihr Gerätehaus. Anschließend mussten die Fahrzeuge noch ausgeräumt, gereinigt und die Ausrüstung geprüft und wieder aufgefüllt werden.

Mit einem gemütlichen Beisammensein klang dieser ungewöhnliche Einsatz aus.

Alle Einsatzkräfte zeigten sich tief beeindruckt von den Erlebnissen und den Bildern, die sie aus den letzten Tagen mitgenommen hatten, aber auch von der Dankbarkeit der Bevölkerung und der Kameradschaft und Zusammenarbeit aller Hilfsorganisationen. Während einige Feuerwehrler bereits 2006 bei der Schneekatastrophe in Niederbayern eingesetzt waren, war ein derartiger Einsatz für die jüngeren Feuerwehrleute absolut neu.

Im Nachgang bedankte sich der Landrat des Landkreises Berchtesgadener Land bei allen eingesetzten Hilfskräften ganz herzlich für den unermüdlichen Einsatz: „Durch diese immense Gemeinschaftsleistung der verschiedensten Einsatz- und Hilfsorganisationen, die auch den sehr hohen Koordinierungsaufwand untereinander hervorragend bewältigt haben, konnten der Landkreis Berchtesgadener Land und seine Bürgerinnen und Bürger vor möglichen großen Schäden für Mensch und Sachgüter bewahrt werden.“

Letztlich waren allein aus dem Nürnberger Land im Zeitraum von Montag, 14.01. bis Samstag 19.01. insgesamt 293 ehrenamtliche, freiwillige Feuerwehrleute tätig, die sich von ihren Arbeitgebern freistellen ließen oder sogar ihren Urlaub oder ihre Freizeit opferten, um den Menschen vor Ort zu helfen. Über den gesamten Zeitraum des Katastrophenalarms waren nahezu unglaubliche 12.000 Hilfskräfte aus dem Berchtesgadener Land, aus ganz Bayern, aus anderen Bundesländern und dem benachbarten österreichischen Bundesland Salzburg im Einsatz.

Bericht: FF Markt Feucht
Bilder: FF Markt Feucht